Chiffren

 

Hortense:

Es ist schön, daß Du so mutig bist und möglichst schnell telefonieren möchtest; ich bin auch kein Freund von ewigen Email-Schlachten. Trotzdem möchte ich, daß Du vorher ein wenig über Dich berichtest. Wie würdest Du Dich beschreiben? Was machst Du wenn sich Deine Gedanken nicht um die Partnersuche (außer Georges Braque zu mögen)?
Ich freue mich auf Deine Antwort und darauf im Anschluss mit Dir zu telefonieren.

Bin schon nervös…fühlt sich ein wenig an, wie vor einem Vorstellungsgespräch …

Paula:

Ich finde die Art wie du dir deine Beziehung wünscht sehr ansprechend und denke genauso darüber. Denn ich selber brauche jemanden der mir etwas Struktur zurück ins Leben bringt, da ich von alleine wohl kaum die Motivation dazu finde, obwohl ich weiß das es so nicht weiter geht.
Ich finde das recht schade denn eigentlich bin ich ein sehr optimistischer Mensch und wäre es auch gerne wieder; scheint nur irgendwie niemanden zugeben der mit mir und meinen wechselhaften Launen klar kommt …

Alexander:

Gleichberechtigung ist ein politischer Begriff.
Für Machtgelüste schlägt mein Herz zu freiheitlich.
Ein wenig zu meiner Person: ich bin 45 Jahre alt und lebe in Bonn.
Beruflich bin ich selbständig tätig.

Julie:

Bitte keine Spinner in Ballonseide.
Ich habe kein Interesse an einem Kontakt zu Personen, die sich nicht angemessen ausdrücken können.
Ich bin 34 und wenn ich nicht arbeite gehe ich gerne zum Strand oder ins Restaurant, ins Kino oder in die Sauna.

Du bist sehr attraktiv, aber leider überhaupt nicht mein Typ Frau.

Paula:

Ich habe noch nie auf eine Kontaktanzeige geantwortet. Doch diesmal kann ich nicht anders. Ich konnte alle Deine Fragen mit ja beantworten und nicht nur das.
Sie waren so gestellt, daß sie ein Kribbeln in meinem Bauch hervorriefen, als ich sie las.
Aber leider hast Du Recht. Mein Kopf hat mir von Anfang an gesagt, dass die Ziele Deiner Kontaktanzeige ganz andere sind, als die die ich mir Dir umsetzen könnte.
Schon allein die Entfernung sorgt für große Probleme. Ich wußte das alles und doch konnte ich nicht anders, als Dir zu schreiben.
Die Gefühle die Du mit Deinen Worten ausgelöst hast, haben über die Vernunft gesiegt.

(Ich bin kein Mensch, der einfach so alles über den Haufen schmeißt und seinem Herzen folgt.
Dazu bin ich leider viel zu vernünftig und eigentlich auch zu ängstlich.)

Julie:

Natürlich schaue ich einem netten Mann auf der Straße gerne hinterher.
Klammern ist nicht meine Sache.

Emma:

Hallo, ich bin Emma aus Berlin. 25, 164, blond und sehe ganz ok aus.
Ich mag das alte Rollenverständnis und suche einen passenden Mann.
Ich selbst bin kommunikativ, selbstbewusst und recht willensstark.
Trotzdem sehne ich mich nach einem starken Partner, den ich respektieren und an den ich mich anlehnen kann.
Ich höre öfter laut Musik und tanze manchmal durch die Wohnung und bin insgesamt lieber auf der „Überholspur“ als auf dem „Parkplatz“.
Am Rand stehen und anderen zuzuschauen, hab ich noch nie gemocht.
Schlimm?
Eigentlich bin ich offen für sehr viele Dinge …
Möchtest Du auch nicht nur spielen…?
Nicht nur spielen, und das als Mann?

Paula:

Dieser unglaublich weite Blick bis zum Horizont…..und wenn es dann noch schön warm ist und ich mit geschlossenen Lidern in die Sonne schaue …
Ich lebe aktuell in einer eher schwierigen Situation und weiß im Moment keine Lösung.
Glück in seiner reinen wahren Form?
Ich glaube fest daran, dass jeder Mensch das Recht auf Liebe, Geborgenheit, Sicherheit und ein glückliches Leben hat.
„Einer trage des anderen Last …“, aber hier auf dem Dorf?
Auch wenn wir noch so hungrig sind.
Ich glaube, Mut und Hoffnung kennen keine Entschuldigungen.
Am Ende, kommt kein Tag zweimal.
Weißt Du was Du willst? Lernen wir uns kennen?

Emma:

Ich bin übrigens nicht halb so verzogen wie man meinen könnte.
Allerdings habe ich gerne Spaß.
Und ich mache mich doch keinen Kopf kürzer.
Der rote Faden, der sich durch meine ganzen Beziehungen zieht, ist der, dass ich versucht habe, meinen Ex-Männern klarzumachen, was ich mir von ihnen wünsche.
Ich hab meinen eigenen Kopf und muss mit meinem Gegenüber auch normal reden können.
Eigentlich sind wir Frauen einfach gestrickt.
Beruflich und privat trete ich eher selbstbewusst und zielstrebig auf.
Augenhöhe.
Allerdings wünsche ich mir durchaus einen Mann, der mit beiden Beinen fest im Leben steht, der natürliche Autorität ausstrahlt, genau weiß, was er will und seine Meinung ebenso selbstbewusst vertreten kann wie ich.
Ich bin sehr ehrlich und direkt, das ist nicht immer angenehm.
Ich bin penibel, wenn es um Rechtschreibung geht. Ich hasse es einkaufen zu gehen.
Ich mag Filme und Bücher am liebsten in der Originalsprache.
Du solltest irgendwas mit mir gemeinsam haben.
Kannst du vielleicht kochen? Ich nämlich nicht.
Bisher wollte ich eigentlich nie einen Mann suchen, sondern von ihm gefunden werden.
Natürlich vom Traumprinzen; hat aber nicht geklappt.
Mir fehlt gerade der Schimmel, aber ein scheues Reh wird auch nicht gefunden.
Man hat ja eigentlich nichts zu verlieren.
Geht nicht alles irgendwie verloren?
Ist das Internet nun eigentlich groß oder klein?
Sind es viele oder wenige?
Zuhause, oder heißt es nach Hause?
Um es auf den Punkt zu bringen, du solltest ein ganzer Kerl sein.
Langweilig wird es mit mir nicht, aber Anstand und Benehmen habe ich schon.
Ich möchte mich innerhalb einer Partnerschaft endlich einmal entspannt fallen lassen können und deshalb suche ich Dich.
Du bist schon ziemlich offensiv und fordernd!

… und da gab es einen Blickwinkel aus der Bucht heraus aufs offene Meer.

Paula:

Was bin ich für ein Mensch, welche Facette soll ich denn beschreiben, ich habe so viele.
Also, ich bin 169 cm groß, ich bin blond und schlank.
Keine Tattoos, keine Piercings.
Ich bin normal, selbstbewusst, ausgeglichen und fröhlich.
Vielleicht liest du oder liebst Musik und bist noch ein bisschen gläubig.
Vielleicht gehst Du oder reitest Du mit einer strahlenden Lichterkette durch das große Tor.
Ich bin echt und ehrlich, treu. Und zwar wirklich.
Ich freue mich auf spannende Begegnungen jenseits des Alltäglichen. (lacht)
Ich bin es leid, meinem Glück hinterherzurennen und möchte einfach erobert werden.
Wer befreit mich aus meinem Turm?
Prinzen ohne Einhörner.
(kleine Pause)
Du scheinst sehr interessant zu sein….

An einem Tisch sitzen.
Das Handy von heute ist die Zeitung von gestern.
Nur doofer.

Emma:

Ein kleines Haus im Grünen, Kinder beim spielen im Garten beobachten, mit der Familie und mit Freunden grillen und ein Glas Wein trinken.
Vieles gemeinsam machen und morgens einen Kuss bevor wir zur Arbeit gehen.
Rettet unsere Vorstädte.

Die Ehe blieb nicht ohne Folgen.
Danke, für dein Interesse an mir.

(Auszug aus Chiffren. „Wir“. Jörg Zimmer, 2020)